8. bis 11. Mai 2012

Gestrandet – gerettet

Die Tage von Montag bis Freitag sind wie im Flug vergangen. Tägliches Warten auf Neuigkeiten von Nasuli. “Guten Morgen”, “Guten Tag”, “Guten Abend”, “Gute Nacht”, “Bitte” und “Danke” gehen mir schon ganz gut verständlich von den Lippen. Ach ja, bis drei kann ich auch schon zählen. Eine lehrreiche Erfahrung, wie es anderen mit “nix deitsch” geht…

Nenad alias “Mister Honda” macht Unmögliches möglich. Offenbar gab es Probleme mit dem Kleber, weil der PVC-Kleber nicht halten wollte. Schließlich wurde sogar ein Hypalon-Kleber aus Novi Sad (ca. 100 km entfernt) über Nacht besorgt. Der hat dann gehalten.

Puppi macht das einzig Richtige und trägt die Situation mit Fassung und ist entspannt.

Bugi spricht gutes Englisch und lotst mich durch den Dschungel halb- oder nicht verstandener Informationen. Die eindruckvollste Begegnung aber hatte ich mit Kapitan Tadja: Ohne Wenn und Aber hat er mich auf seinem Boot fünf Nächte schlafen lassen. Seine Erfahrung auf der Donau – er hat als Frachtschiffkapitän praktisch alle Binnengewässer Europas befahren – sind riesig. Schade, dass ich nur einen verschwindenden Bruchteil verstehe, obwohl alle rührend bemüht sind, mich an ihren Gesprächen teilhaben zu lassen. Meine Donauexpidition wird mit einer Mischung aus gutmütigem Spott (wegen des winzigen Bootes vor allem) und ehrlichem Respekt kommentiert.

Mein Plan, so etwas als Rehab-Programm für exklusionsgefährdete Jugendliche durchzuführen wird mit Interesse gehört und grosso modo mit begeisterter Zustimmung aufgenommen. Mal sehen, was sich daraus machen lässt.

Gestern (Freitag, 11.5.) war es dann soweit: Nasuli wird gebracht, und das Einräumen kann beginnen. Eine Veranstaltung, die den ganzen restlichen Vormittag in Anspruch nimmt. Mein Abschied wird richtiggehend gefeiert. Alle sind froh, dass mein Missgeschick ein gutes Ende gefunden hat. Zuletzt gibt es noch einen Riesentopf gebratener Kotletts mit Salat, Jungzwiebel und Weißbrot. Bier und Rakja dürfen natürlich nicht fehlen.

Solcherart gestärkt kann ich um 4 am Nachmittag aufbrechen und die rund 50 Kilometer bis Smederevo angehen. Traumhaftes Wetter, ca. 30 Grad… In Smederevo wollte ich mich bei der Polizei für die Nacht anmelden – aber dafür ist die Strompolizei zuständig. Also nach einem Innenstadtausflug wieder zurück zum Wasser. Strompolizei gefunden, trotz Amtssprache Deutsch auf der Donau radebrechendes Serbisch. Dort musste ich das kostbare “Original” abgeben. Dieses mehrseitige Dokument bekam ich bei der Einreise in Bezdan – es soll so ziemlich das wichtigste Papier sein, das man als Donaureisender haben kann. Mal sehen, ob ich das Ding heute wieder zurück bekomme.

Anlegen an einem verträumten Seitenarm, es ist gerade Sonnenuntergang. Zuvor noch die Burgruine von Smederevo in absolut unbeschreiblich schönem Licht gefilmt. Beim Zeltaufstellen werde ich von Myriaden von Gelsen überfallen. Super – wo ist das Autan? Hektisches Kramen im Boot. Endlich Autan gefunden… Die Gelsen sind beeindruckt und lassen mich in Ruhe. Ruhige Nacht mit betörenden Tierstimmen. Im Morgengrauen fahren Fischer durch den Seitenarm und beäugen mein Lager mit Interesse. Instantkaffee mit nahrhafter, gezuckerter Kondensmilch aus der Tube – ein gelungener Morgen. Puppi knuspert Trockenfutter, derweil ich das Boot einräume – auch sie scheint den Morgen zu genießen.

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